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gegenseitig sexuell zu befriedigen. Es pate in die allgemeine
Illusion jener Zeit hinein, da man annahm, durch Anwendung
der richtigen Technik knne man nicht nur die technischen
Probleme der industriellen Produktion, sondern auch alle
menschlichen Probleme lsen. Man erkannte nicht, da es genau
umgekehrt ist.
Die Liebe ist nicht das Ergebnis einer adquaten sexuellen
Befriedigung, sondern das sexuelle Glck - ja sogar die
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Erlernung der sogenannten sexuellen Technik - ist das Resultat
der Liebe. Wenn diese These, abgesehen von den
Beobachtungen im tglichen Leben, noch eines Beweises
bedrfte, so wrden die Psychoanalysen reichlich Material dafr
liefern. Wenn man die am hufigsten auftretenden sexuellen
Probleme untersucht - die Frigiditt der Frau und mehr oder
weniger schwere Formen psychisch bedingter Impotenz beim
Mann -, so erkennt man, da die Ursache dafr nicht in der
mangelnden Kenntnis der richtigen Technik, sondern in den
Hemmungen zu suchen ist, die es unmglich machen zu lieben.
Angst oder Ha gegenber dem anderen Geschlecht liegen
diesen Schwierigkeiten zugrunde, die einen Menschen hindern,
sich ganz hinzugeben und aus dem Vertrauen auf den
Sexualpartner heraus beim unmittelbaren krperlichen Kontakt
spontan zu reagieren. Wenn ein sexuell gehemmter Mensch es
fertigbringt, sich von seiner Angst oder seinem Ha
freizumachen und auf diese Weise fhig wird zu lieben, dann
sind seine sexuellen Probleme gelst. Gelingt es ihm nicht, dann
werden ihm auch noch so umfassende Kenntnisse ber
Sexualtechniken nicht helfen.
Whrend jedoch das aus der psychoanalytischen Therapie
gewonnene Material darauf hinweist, da es ein Irrtum ist, zu
glauben, die Kenntnis der richtigen Sexualtechnik wrde zu
sexuellem Glck und zur Liebe fhren, stand doch die dieser
Meinung zugrundeliegende Annahme, die Liebe sei eine
Begleiterscheinung der gegenseitigem sexuellen Befriedigung,
stark unter dem Einflu von Freuds Theorien. Fr Freud war die
Liebe im wesentlichen ein sexuelles Phnomen. Die Erfahrung,
da die geschlechtliche (genitale) Liebe dem Menschen die
strksten Befriedigungserlebnisse gebe, mte es nahegelegt
haben, die Glcksbefriedigung im Leben auch weiterhin auf
dem Gebiet der geschlechtlichen Beziehungen zu suchen, die
genitale Erotik in den Mittelpunkt des Lebens zu stellen (S.
Freud, 1930 a, S. 460).
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Fr Freud ist die Nchstenliebe ein Produkt der sexuellen
Begierde, wobei jedoch der Sexualtrieb in einen zielge-
hemmten Impuls verwandelt ist. Die zielgehemmte Liebe war
eben ursprnglich vollsinnliche Liebe und ist es im Unbewuten
des Menschen noch immer (a.a.O., S. 462). Was das Glck des
vlligen Einsseins, das ozeanische Gefhl betrifft, das das
Wesen des mystischen Erlebens ausmacht und das dem
intensivsten Gefhl der Vereinigung mit einem anderen
Menschen oder mit unseren Mitmenschen zugrunde liegt, so hat
Freud es als pathologische Regression, als Wiederherstellung
des uneingeschrnkten Narzimus der frhen Kindheit
interpretiert (a.a.O., S. 430).
Es heit nur noch einen Schritt weitergehen, wenn fr Freud
die Liebe an sich ein irrationales Phnomen ist. Fr ihn gibt es
keinen Unterschied zwischen irrationaler Liebe und der Liebe
als Ausdruck der reifen Persnlichkeit. In seinen Bemerkungen
ber die bertragungsliebe (S. Freud, 1915 a) stellt er die
Behauptung auf, die bertragungsliebe unterscheide sich im
wesentlichen nicht von dem normalen Phnomen der Liebe.
Sich zu verlieben grenze stets ans Abnorme, gehe immer Hand
in Hand mit Blindheit gegenber der Wirklichkeit, es habe
Zwangscharakter und sei eine bertragung von Liebesobjekten
der Kindheit. Als ein rationales Phnomen und als hchster
Ausdruck der Reife war die Liebe fr ihn kein
Forschungsobjekt, da sie keine reale Existenz fr ihn besa.
Es wre jedoch falsch, den Einflu zu berschtzen, den
Freuds Ideen auf die Auffassung ausbten, die Liebe sei das
Resultat sexueller Anziehung oder - besser gesagt - sie sei
dasselbe wie die im bewuten Gefhl reflektierte sexuelle
Befriedigung. In Wirklichkeit sind die Zusammenhnge genau
umgekehrt. Teilweise sind Freuds Ideen selbst vom Geist des
neunzehnten Jahrhunderts beeinflut; teils wurden sie durch den
nach dem Ersten Weltkrieg herrschenden Zeitgeist populr.
Sowohl die damals verbreiteten Anschauungen wie auch Freuds
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Auffassungen waren erstens die Reaktion auf die strengen
Moralbegriffe der Viktorianischen Zeit. Zweitens waren Freuds
Ideen von dem damals vorherrschenden Menschenbild geprgt,
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